Besondere Fachqualifikation und Praxisausstattung
Ein Durchgangsarzt braucht nicht nur die entsprechende Facharztqualifikation sowie mindestens ein Jahr mit Praxiserfahrung in der Behandlung Schwer-Unfallverletzter. Auch die Ausstattung der Praxis muss so sein, dass bei einem Arbeitsunfall eine schnelle und gute Behandlung möglich ist. Zu gewährleisten ist, dass mindestens zwei medizinische Assistenzkräfte anwesend sind. Außerdem sind als Praxisausstattung unter anderem ein Röntgenraum, zwei Räume für invasive Eingriffe sowie eine spezielle apparativ-technische Ausrüstung erforderlich. Darüber hinaus muss ein Durchgangsarzt besondere hygienische Anforderungen erfüllen.
Zum Durchgangsarzt: Pflicht nach jedem Arbeitsunfall
Grundsätzlich haben nach fast jedem Wege- oder Arbeitsunfall die Betroffenen die Pflicht, sofort direkt einen Durchgangsarzt aufzusuchen. Andernfalls drohen Probleme bei den Behandlungskosten. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten daher dafür sorgen, dass alle Beschäftigten wissen, was ein Durchgangsarzt ist und dass sie dorthin müssen. Dies bedeutet auch, dass bekannt sein sollte, wie sie etwa auf Montage in einer anderen Stadt einen Durchgangsarzt suchen können. Wer sich nach einem Unfall bei „normalen“ Ärzten vorstellt, kann dort nur die Versorgung mit notwendigen Sofortmaßnahmen erwarten. Anschließend überweisen diese Ärzte ein Arbeitsunfallopfer sofort an einen Durchgangsarzt. Da die Unfallversicherung die Behandlungskosten nach einem Arbeitsunfall trägt, muss ein Durchgangsarzt die Diagnose stellen, über die Therapie entscheiden und alles im Durchgangsarztbericht an den Versicherungsträger dokumentieren. Er kann den Patienten dann in seiner eigenen Behandlung behalten oder Fachärzte anderer Fachrichtungen zu Weiterbehandlung und Nachschautermine hinzuziehen. Dann würde er jemanden eventuell auch wieder an den erstbehandelnden Arzt überweisen.
Ausnahmen: HNO, Zähne, kleine und schwere Unfälle
Es gibt allerdings auch Ausnahmen von der Pflicht, nach einem Arbeitsunfall einen Durchgangsarzt zu suchen und zu konsultieren. Auch dies gehört zu der Frage, was ein Durchgangsarzt ist und was er tut. Nicht zuständig ist ein D-Arzt für folgende Fälle:
- Kleine Unfälle. Um einen kleinen Unfall handelt es sich, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht über den Unfalltag hinaus besteht und wenn die Behandlung insgesamt nicht länger als eine Woche dauert. In so einem Fall kann also auch ein Allgemeinarzt die Behandlung ohne eine Überweisung an einen Durchgangsarzt durchführen. Dann trägt trotzdem die Unfallversicherung die Kosten, obwohl es keinen Durchgangsarztbericht gibt.
- Augen/HNO/Zähne. Eine Ausnahmeregelung gilt, wenn es um eine isolierte Augen-, Hals-, Nasen- oder Ohrenverletzung geht. Dann muss sich das Unfallopfer sofort bei einem Augen- oder HNO-Arzt vorstellen. In solchen Fällen gelten diese Fachärzte automatisch als Durchgangsärzte. Analog dazu ist die Situation bei Zahnverletzungen – hier geht es gleich zum Zahnarzt.
- Schwere Unfälle. Auch nach einem Arbeitsunfall mit schweren Verletzungen, etwa einem Gelenkbruch, ist nicht automatisch sofort der Durchgangsarzt aufzusuchen. Hier sollte unverzüglich das nächste Krankenhaus oder eine Unfallklinik angesteuert werden. Viele Unfallambulanzen gelten aber sowieso als Durchgangsarzt – vorausgesetzt, der leitende Arzt hat eine Zulassung als D-Arzt. Wichtig ist, dass Unfallopfer dann schnellstmöglich nach Verletztenartenverfahren oder Schwerstverletztenverfahren in ausgewählte und zugelassene Krankenhäuser oder spezielle berufsgenossenschaftliche Einrichtungen verlegt werden. Diese Zuweisung obliegt den örtlich zuständigen Rettungsleitstellen oder den in der Notaufnahme tätigen D-Ärztinnen und D-Ärzten.
- Berufskrankheiten. Eine Berufskrankheit zählt nicht als Arbeitsunfall. Wer darunter leidet, kann direkt zum Haus- oder Facharzt gehen.
Nächsten Durchgangsarzt über Portal im Internet suchen
Es reicht allerdings nicht, nur zu wissen, was ein Durchgangsarzt ist und wann er tätig wird. Unternehmerinnen und Unternehmer sollten die Beschäftigten immer wieder auf die Bedeutung des Themas hinweisen. Denn jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin muss verinnerlichen, wer im Notfall zu alarmieren ist. Oder die Pflicht kennen, bei einem Arbeitsunfall den Durchgangsarzt zu konsultieren. Am besten geht das mit regelmäßigen Schulungen und einem Aushang. Er sollte die Kontaktdaten des nächsten Durchgangsarztes enthalten und laufend auf Aktualität überprüft werden. Falls nötig, kann jeder Betroffene auch im Internet direkt nach einem Durchgangsarzt suchen, und zwar nach der Postleitzahl. Dafür hat die Gesetzliche Deutsche Unfallversicherung als Spitzenverband ein Online-Portal eingerichtet. Jeder Betrieb braucht einen Notfallplan, was in bestimmten Situationen zu tun ist. Hierzu gehören unbedingt auch Anweisungen zum Verhalten bei einem Arbeitsunfall und den Details zum Durchgangsarzt. Dabei ist auch wichtig, die Melde- und Dokumentationspflichten nach einem Arbeitsunfall zu beachten.
Arbeitsunfall: Vorsicht beim Wechseln von Durchgangsarzt
Im Gegensatz zur normalen medizinischen Versorgung besteht nach einem Arbeitsunfall mit der Pflicht zur Behandlung bei einem Durchgangsarzt auch eine eingeschränkte Arztwahl. Wer vom Durchgangsarzt zu einem Facharzt wechseln will, kann das nur per Überweisung an den weiterbehandelnden Kollegen. Im Durchgangsarztbericht an den Versicherungsträger wird auch diese Überweisung vermerkt. Wer eine laufende Behandlung bei einem Durchgangsarzt abbrechen und zu einem anderen wechseln will, sollte das mit der Unfallversicherung klären.
Versicherungsträger helfen auch bei Arbeitsunfall im Ausland
Der Durchgangsarzt spielt bei Arbeitsunfällen in Deutschland eine wichtige Rolle. Die Berufsgenossenschaften beziehungsweise die gesetzliche Unfallversicherung helfen aber auch bei Arbeitsunfällen im Ausland. Einige bieten ihren Versicherten eine Hotline, über die es 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr Unterstützung gibt, um erforderliche medizinische Behandlungen zu erhalten. Firmenchefs sollten sich und ihre Mitarbeiter laufend über solche aktuellen Angebote informieren, damit sie im Notfall gleich genutzt werden können. Außerdem sollte Unternehmer und Unternehmerinnen klären, wie sie gegebenenfalls über eine freiwillige Mitgliedschaft den umfassenden Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auch für sich selbst in Anspruch nehmen können. Die Kosten dafür könnten sich nach einem Arbeitsunfall durch umfassendere Leistungen rasch bezahlt machen. Hier ist zur Entscheidungsfindung das Gespräch mit Anwalt, Steuerberater sowie einem Versicherungsexperten empfehlenswert.